16.10.2025

von Lukas M. Pagel

Digitales Notariat

Das Zukunftsversprechen eines traditionsreichen Berufs

Digitales Notariat

Der Beruf des Notars gehört zu den ältesten juristischen Tätigkeiten überhaupt. Schon im Römischen Reich wurden Urkunden unter Aufsicht einer unabhängigen Instanz ausgestellt – eine Tradition, die sich bis heute gehalten hat. Was sich ebenfalls durch die Jahrhunderte zieht: Die Fähigkeit zur Anpassung. Ob die Einführung der Schreibmaschine, des Telefaxes oder des elektronischen Handelsregisters – das Notariat war nie rein konservativ, sondern hat technologische Entwicklungen stets dort übernommen, wo sie mit Rechtssicherheit vereinbar waren. Heute steht das Notariat erneut an einem Wendepunkt: der digitalen Transformation. Doch die Digitalisierung im Notariat muss strukturiert und schrittweise erfolgen – und beginnt beim Erstkontakt. In diesem Beitrag zeigen wir euch, welche gesetzlichen Grundlagen das digitale Notariat ermöglichen, welche Chancen digitale Abläufe haben und welche Lösungen ihr als Notar nutzen könnt, um effizienter, papierärmer und mandantenfreundlicher zu arbeiten.

Wie digital ist das Notariat heute?

Die Rechtsbranche und auch das Notariat gilt gemeinhin als eine besonders analoge Branche. Papierstapel, händische Formulare und aufwendige Terminabsprachen – das alles ist immer noch Alltag in vielen Notar-Büros.

Doch die Erwartungshaltung der Mandanten verändert sich rasant: Mandanten fordern digitale und fast schon dauerhafte Erreichbarkeit, flexible Prozesse und transparente Abläufe – ohne dabei auf Rechtssicherheit verzichten zu wollen.

Die gute Nachricht: Vieles ist bereits möglich und es hat sich auch schon einiges getan. Seit 2022 ist die Online-Gründung von GmbHs per Videoidentifikation möglich (§ 16a ff. BeurkG). Notare nutzen das besondere elektronische Notarpostfach (beN), arbeiten mit XNotar, führen Verzeichnisse digital und können über SAFE-ID Mandanten sicher identifizieren.

Die Bundesnotarkammer betreibt eigene IT-Infrastrukturen – etwa das Elektronische Urkundenarchiv – und treibt die Standardisierung digitaler Prozesse voran.

Trotzdem steht der vollständige Übergang zum digitalen Notariat noch am Anfang.

Durch die Digitalisierung können viele wesentliche Bereiche der Arbeit im Notariat verbessert werden – beispielsweise auch die Know-Your-Customer-Prüfung. Erfahrt darüber mehr in diesem Artikel: KYC für Notare – Pflicht, Schutz und Lösung durch Digitalisierung

Zwischen Tradition und Transformation: Die rechtlichen Rahmenbedingungen

Das Notariat ist wie kaum ein anderer juristischer Bereich durch gesetzliche Normen geprägt – allen voran durch die Bundesnotarordnung (BNotO), das Beurkundungsgesetz (BeurkG) und die Dienstordnung für Notarinnen und Notare (DONot).

Hier sind wichtige gesetzliche Neuerungen zur Digitalisierung:

Online-Beurkundung nach §§ 16a ff. BeurkG

Seit dem 1. August 2022 ist die Online-Beurkundung bestimmter Gesellschaftsgründungen (z. B. GmbH) möglich. Die Beteiligten müssen sich hierfür per qualifizierter elektronischer Signatur (qeS) und Videoidentifikation ausweisen. Die notarielle Verhandlung findet digital über eine von der Bundesnotarkammer betriebene Videoplattform statt.

Elektronisches Urkundenarchiv

Seit 2022 verwahren Notare ihre Urkunden nicht nur in Papierform, sondern zusätzlich auch elektronisch in dem „Elektronischen Urkundenarchiv“ der Bundesnotarkammer (§§ 55 f. BeurkG). Dieses ermöglicht die sichere Aufbewahrung der Urkunden für 100 Jahre. Alle neuen Urkunden werden von den Notaren in die elektronische Fassung übertragen, qualifiziert elektronisch signiert und verschlüsselt in einer „elektronischen Urkundensammlung“ abgelegt.

Digitales Handelsregisterverfahren

Bereits seit längerem erfolgt die Anmeldung zum Handelsregister auf elektronischem Weg (§ 12 HGB). Auch dies geschieht in enger Abstimmung mit dem Notariat, das die Anmeldung über XNotar digital vorbereitet und signiert übermittelt.

Elektronische Kommunikation mit Gerichten und Behörden

Die Bundesnotarkammer hat gemäß § 78n BNotO für jeden in das Notarverzeichnis eingetragenen Notar ein persönliches elektronisches Postfach einzurichten. Über dieses besondere elektronische Notarpostfach (beN) ist ein digitaler Nachrichtenaustausch mit Gerichten, Ämtern und Kammern möglich – datenschutzkonform und rechtssicher.

Der Erstkontakt: Wo der digitale Wandel im Notariat beginnt

Viele Notariate denken bei „Digitalisierung“ zuerst an elektronische Signaturen oder Urkundenarchivierung – dabei beginnt der digitale Wandel viel früher: beim ersten Kontakt zwischen Mandant und Notar.

Der Erstkontakt ist häufig der größte Medienbruch. Die Kontaktaufnahme erfolgt meist über Telefon oder E-Mail – ohne strukturierten Ablauf oder gezielte Datenerfassung. Das führt zu folgendem Problem: ein hoher Rückfrageaufwand und verlängerte Bearbeitungszeiten.

Ein strukturiertes digitales Onboarding ermöglicht es, alle nötigen Informationen direkt im richtigen Format zu erfassen – inklusive Upload-Funktionen für wichtige Unterlagen (z.B. Ausweiskopien oder Grundbuchauszüge).

Damit wird nicht nur die Effizienz im Notariat verbessert, sondern auch die Mandantenzufriedenheit und es wird bereits beim Erstkontakt ein Fundament für eine digitale, rechtskonforme und zeitsparende Mandatsabwicklung gelegt.

NEWS:

Am 22. September 2025 ist das Mandantenportal der Bundesnotarkammer erfolgreich live gegangen.

Dieses Portal dient der digitalen Vorgangserfassung im notariellen Kontext und unterstützt eine effiziente Kommunikation zwischen Notarbüros und Mandanten.

Entwickelt wurde das System von Justin Legal (CEO: Lukas Pagel) im Auftrag der Bundesnotarkammer.

Weitere Informationen und ein aussagekräftiges Produktvideo findet ihr auf der Webseite der NotarNet GmbH.

Digitale Lösungen für das Notariat

Nach dem digitalen Onboarding gibt es viele weitere Lösungen, die nicht nur die Mandantenerfahrung verbessern, sondern auch eine smarte Notariatserfahrung schaffen.

Smarte Formulare und automatisierte Abläufe

Fortgeschrittene Notariate können cloudbasierte intelligente Formulare einsetzen, die bei dem jeweiligen Notariatsprozess (z. B. Immobilienkauf, Ehevertrag oder GmbH-Gründung) gezielt abgebildet werden und den Mandanten helfen, ihr Anliegen so einfach und strukturiert wie möglich zu schildern.

So lässt sich der Aufwand auf Mandantenseite reduzieren – und gleichzeitig eine rechtssichere, vollständige Datenbasis schaffen. Auch Nachfragen und Rückläufe werden dadurch minimiert, was wiederum die interne Organisation entlastet.

Digitale Terminbuchung

Besonders bei wiederkehrenden oder standardisierten Vorgängen wie Vollmachten oder Beglaubigungen ist die digitale Terminvergabe ein echter Gewinn. Online-Terminkalender ermöglichen den Mandanten, selbstständig Termine zu buchen. Das reduziert Wartezeiten und Rückfragen – und entlastet gleichzeitig das Notariat. Tools zur Online-Terminbuchung lassen sich auf der eigenen Website integrieren und mit den Kalendern des Teams synchronisieren.

Elektronisches Urkundenarchiv und digitale Nebenakten

Mit dem elektronischen Urkundenarchiv ist ein weiterer Meilenstein erreicht: Urkunden werden nicht mehr ausschließlich in Papierform archiviert, sondern digital – rechtskonform und langfristig zugänglich. Auch die digitale Nebenakte, in der vorbereitende Korrespondenz und Informationen gespeichert werden, kann strukturiert und rechtssicher geführt werden.

Unterstützung durch KI

Auch künstliche Intelligenz kann das Notariat vielfältig unterstützen: etwa durch Vorschläge für Beteiligte, automatisierte Dublettenerkennung, Konsistenzprüfungen und Fristenmanagement. Der große Vorteil: Routineaufgaben werden reduziert, während die Qualität steigt.

Fazit

Das Notariat ist ein traditionsreicher Beruf mit jahrhundertealter Geschichte. Doch genau diese Tradition zeigt, wie anpassungsfähig der Beruf schon immer war.

Heute ist in der Rechtsbranche Geschwindigkeit, Effizienz und Transparenz immer stärker gefragt. Digitale Werkzeuge bieten für das Notariat große Chancen für mehr Übersicht, bessere Datenqualität und eine entspannte Kommunikation. Und dabei machen diese Lösungen den Weg frei für das, was zählt: mehr Zeit für persönliche Beratung.

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